selo; 32; informatiker; sonnenallee; 31.8.2024;
“ich komme aus der türkei. hab da jura studiert und auch als anwalt gearbeitet, aber wegen der politischen lage, musste ich weg. so bin ich irgendwie in deutschland gelandet.
seit zweieinhalb jahren lebe ich jetzt in berlin, vorher war ich in kleinen orten wie oranienburg oder falkensee. berlin ist anders. ich mag die freiheit hier. frei. anonym. die leute lassen dich einfach sein – egal, was du machst, wie du aussiehst, wie alt du bist. das fühlt sich gut an. sowas gibt’s in der türkei nicht. und ich glaube, in anderen deutschen städten so auch nicht.
meinen beruf konnte ich hier leider nicht weitermachen. also musste ich besonders fleißig sein, hab schnell deutsch gelernt, alles mögliche probiert – sprachcafé, tandempartner – und bin dann in die IT gewechselt. jetzt arbeite ich als informatiker. das läuft gut, ich bin damit zufrieden.
ich mache keinen hehl daraus, dass ich wegen erdogan geflüchtet bin. ich bin auch nicht hier, um mit anderen türken über ihn zu streiten. ich hab meinen weg gemacht. ich habe auch türkische freunde hier, entweder man wird respektiert, und wenn nicht, dann halt nicht.
das einzige, dass mich in berlin fertig macht ist der winter. ich mags warm und den regen hasse ich. aber sonst? läuft alles gut. ich mach keine pläne mehr. das leben macht seine eigenen. ich nehm’s, wie’s kommt.”